Der Begriff „Sehschule“ wurde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts geprägt und hat heutzutage mit einer „Schulung“ nur sehr wenig zu tun. Er wird als Oberbegriff für die Bereiche Strabologie („Schielkunde“), Orthoptik (Heilkunde für Störungen des beidäugigen Sehens) und Pleoptik (Heilkunde der funktionellen Schwachsichtigkeit (Amblyopie)) in der Augenheilkunde verwendet. Lediglich beim Aussenschielen kommen Fusionsübungen als „Schulung“ in manchen Fällen in Frage.
In der Sehschule werden folgende Probleme untersucht und behandelt:
Schielen:
Schielen bei Babys: Dieses muss häufig von „Pseudoschielen“ (welches durch einen breiten Nasenrücken bei Babys und Kleinkindern vorgetäuscht wird) unterschieden werden. Bei echtem Schielen muss die Ursache abgeklärt werden wie zum Beispiel Ausschluss einer Lähmung.
Schielen bei Kindern: Dies wird oft mit Brille, Okklusion (Abkleben eines Auges) und einer späteren Operation behandelt. Wir prüfen die Güte der Zusammenarbeit beider Augen (Stereosehen) und besprechen dieses Thema mit ihnen.
Schielen im Erwachsenenalter hat oft andere Ursachen als bei Kindern und wird dementsprechend auch anders behandelt.
Fehlsichtigkeiten bei Kindern:
Weitsichtigkeit, Hornhautverkrümmung oder Kurzsichtigkeit sind nicht selten schon im Kindesalter vorhanden und werden von den Kindern meist nicht als störend empfunden, und auch von den Eltern oft nicht bemerkt, da die Kinder von Anfang an das ‚Beste draus machen‘. Ideal wäre jedes Kind ab dem 2. Lebensjahr beim Augenarzt vorzustellen, um Abweichungen rechtzeitig festzustellen. Bei familiärer Neigung (z.B. Schielen der Eltern, Sehschwäche eines Elternteiles, Augenerkrankungen der Eltern, die an Kinder vererbt werden können) oder speziellen Konstellationen (z. B. Frühgeburtlichkeit) sollte nach Rücksprache mit dem Kinderarzt ggf schon eine Vorstellung in den ersten Lebenstagen oder – monaten des Säuglings erfolgen.
Weitsichtigkeit/Hyperopie:
Wenn Kinder stärker weitsichtig sind (der Augapfel ist dann sehr kurz gebaut), müssen sie sich übermässig anstrengen um das Bild der Umwelt scharf auf der Netzhaut abzubilden (Akkomodation); dies ist bei Kindern die häufigste Ursache des Innenschielens. Nimmt man den Augen diese ’schwere Akkomodationsarbeit‘ durch die Brille ab kann man den Schieleintritt verhindern. Meist ist diese Weitsichtigkeit versteckt (latente Hyperopie), macht keine Beschwerden, fällt erst auf wenn das Kind schielt, Kopfschmerzen bekommt oder letztlich eine suboptimale Sehschärfe behält.
Kurzsichtigkeit / Myopie:
Bei kurzsichtigen Kindern ist der Augapfel länger gebaut bzw wächst verstärkt in die Länge. Dies fällt meist spätestens im Schulalter auf. Hier werden ebenfalls entsprechende Brillen verordnet. Bei progressiver Myopie werden heutzutage Atropin-Augentropfen, spezielle Brillengläser und Kontaktlinsen eingesetzt, die das Längenwachstum des Auges verlangsamen sollen.
Anisometropie: Anisometropie ist definiert als die unterschiedliche Brechkraft beider Augen.
Diese wird meist nicht bemerkt, birgt aber ein hohes Risiko für tiefe Schwachsichtigkeit eines Auges, die später im Leben nicht mehr zu beheben ist. Frühzeitige Brillengabe und meist eine Okklusionstherapie sind erforderlich.
Verordnung von Kinderbrillen:
Die Untersuchung und auch die korrekte Brillenbestimmung bei Kindern ist sehr viel schwieriger als bei Erwachsenen und benötigt auch viel mehr Zeit. Oft müssen spezielle Augentropfen verabreicht werden, um die Brechkraft exakt bestimmen zu könnnen (Skiaskopie in Cycloplegie). Die Behandlung erfolgt dann durch Verordnung einer Brille. Bei Sehschwäche oder Schielen ist oft ein zusätzliches Training des schwächeren Auges notwendig und erfolgt durch das stundenweise Zukleben des besseren Auges (Okklusionstherapie). Wichtig ist, die Behandlung in möglichst frühem Lebensalter zu beginnen, da die Sehrinde (der Teil des Gehirns der für die Sehschärfe zuständig ist) ausreift und cirka nach dem 10. Lebensjahr kaum mehr etwas ‚dazulernen‘ kann.
Doppelsehen:
Beim Auftreten von Doppelbildern liegt eine Störung des beidäugigen Sehens oder aber auch mitunter eine Erkrankung der Augenlinse vor (einäugiges Doppelbild). Eine augenärztliche Untersuchung ist hier unumgänglich.
Bei speziellen Erkrankungen wie der endokrinen Orbitopathie können die Doppelbilder im Frühstadium auch durch die Gabe von Cortison und/oder Bestrahlung der Augenhöhle behandelt werden. Manchmal helfen auch prismatische Brillengläser oder eine Schieloperation.
Schieloperationen:
Voruntersuchungen für und Nachuntersuchungen von Schieloperationen werden in unserer Sehschule durchgeführt.
Die Operationen selbst führen wir in einem modernen Op-Zentrum durch, zurzeit im St. Gertraudenkrankenhaus.
Im Bild ist ein Innenschielen des rechten Auges sowie die Behandlung mittels Abdecken des linken Auges und Brillenkorrektur dargestellt (bitte mit dem Mauszeiger auf das Bild fahren).